Terrance Watanabe – der Größte unter den "Casino Walen"
Bei Walen denkt natürlich jeder sofort an die mächtigen Meeressäuger, welche in Größe und Umfang jedes andere Lebewesen auf diesem Planeten überragen. Aber auch die „Casino Wale“ können mit Superlativen überzeugen, denn Ihre Wetteinsätze, Ihre Großzügigkeit und selbst Ihre Verlustbereitschaft übertrifft die aller anderen Casinospieler bei weitem. Viele von ihnen sind wohlhabende Millionäre und Milliardäre, welche die Atmosphäre und die Annehmlichkeiten von Sin City genießen und einfach nur eine schöne Zeit in am Spieltisch verbringen wollen. Natürlich erfreuen sich diese Spieler bei den Casinomanagern großer Beliebtheit, denn selbst nach Abzug aller für die Betreuung und den VIP-Service aufgebrachten Kosten steht für die Spielbank nach dem Besuch eines solches Wales meist noch ein riesiges Plus zu Buche. Kaum verwunderlich also, dass die Manager sogar ihr Hotelpersonal gezielt auf den "Walfang" trainieren und manchmal selbst auf unlautere Mittel zurückgreifen, um Wale besonders lange im eigenen Haus zu halten. So geschehen im Fall von Terrance Watanabe, dem wohl dicksten Wal in der Geschichte Las Vegas'.
Terrance ist der Sohn des japanischen Einwanderers Harry Watanabe, welcher im Jahr 1932 die Oriental Trade Company als Geschenkshop gründete und schnell ein florierendes Unternehmen aufbaute. Terry übernahm bereits mit 20 Jahren die Firma seines Vaters im Jahr 1977 und formte das Unternehmen zu einem bedeutenden Versandhandel für Partyutensielien mit einem Jahresumsatz von 300 Millionen Dollar. Nachdem er die Firma im Jahr 2000 für eine unbekannte Summe an die Kapitalbeteiligungsgesellschaft Brentwood Associates veräußerte und sich gleichzeitig aus dem Vorstand zurückzog, war sein Weg in einen langen und sorgenfreien Ruhestand eigentlich vorgezeichnet. Doch für sein enormes Arbeitspensum berüchtigte Watanabe wusste mit der neugewonnen Zeit kaum etwas anzufangen und widmete sich nach einigen gescheiterten Geschäftsideen verstärkt dem Glücksspiel.
Als er 2005 zu seiner ersten Reise nach Las Vegas aufbrach, ahnte er jedoch noch nichts von dem Schicksal, welches ihn innerhalb der kommenden drei Jahre ereilen würde. Schnell fand er Gefallen an all den Annehmlichkeiten und der Aufmerksamkeit, welche die Casinos einem Mann wie ihm entgegenbrachten. Schon während der ersten beiden Jahre, während welcher er hauptsächlich im Wynn Casino residierte und insgesamt 21 Millionen Dollar verlor, entglitt er zusehends in eine heftige Spiel- und Trunksucht. Zu dieser Erkenntnis gelangte schließlich auch der Geschäftsführer des Hauses, Steve Wynn, welcher im Juni 2007 das persönliche Gespräch mit Watanabe suchte und ihn letztlich aufgrund seines zwanghaften Spiel- und Trinkverhaltens vor die Tür setzte.
Doch dies brachte Watanabe nicht zur Einsicht. Schon bald darauf fand er in den Casinos Caesars Palace und Rio eine neue Heimat und all die Aufmerksamkeit, nach der er sich scheinbar so sehr sehnte. Denn die Verantwortlichen bei Harrah´s Entertainment, dem Betreiber der beiden Casinos, sahen sich im Gegensatz zu Steve Wynn keinesfalls dazu veranlasst, diesen dicken Wal zu dessen eigenem Wohl wieder von der Leine zu lassen. Watanabe logierte über mehr als ein Jahr kostenfrei in einer der besten Suiten des Caesars Palace und wurde mit allen nur erdenklichen Annehmlichkeiten bedacht. Ein Investment, welches sich für Harrah's definitiv auszahlte. Denn Watanabe war alles andere als ein begnadeter Spieler und gefiel sich in der Rolle des kühnen und unbekümmerten Hasardeurs. Im Wissen um das überschaubare Risiko, ließen die Verantwortlichen in den Casinos ihn gewähren und zeitweise sogar mit Einsätzen von 50.000 Dollar pro Blatt an drei Tischen gleichzeitig Blackjack spielen. Diese Voraussetzungen, gepaart mit ständigem Alkoholkonsum und haarsträubenden Entscheidungen, führten letztlich dazu, dass Terrance Watanabe innerhalb von nur 12 Monaten rekordverdächtige 127 Millionen US-Dollar an die Spielbank verlor. Dabei gelang ihm sogar mehrfach das wenig schmeichelhafte Kunststück, mehr als 5 Millionen Dollar an nur einem Tag zu verspielen.
Während seiner ausschweifenden Besuche am Spieltisch, welche durchaus auch mal mehr als 20 Stunden andauern konnten, zeigte sich Watanabe auch gegenüber dem Personal verschwenderisch großzügig und schmiss mit dem Geld nur so um sich. Regelmäßig bedachte er die Casino-Angestellten mit Bündeln von Hundert-Dollar-Scheinen und anderen kostbaren Aufmerksamkeiten. Fast schon legendär ist die Anekdote, dass Watanabe einen Wachmann instruierte alle in einem Supermarkt verfügbaren Steaks aufzukaufen und an das Personal zu verteilen.
Am Ende dieser Odyssee hatte Watanabe zwar mehr als 5% zum Jahresumsatz von Harrah´s Entertainment beigetragen, aber gleichzeitig auch einen Großteil seines Vermögens verzockt. Aufgrund ungedeckter Schecks und des eingeräumten Kreditrahmens beliefen sich seine Schulden bei den beiden Casinos auf insgesamt 14,7 Millionen Dollar. Da Watanabe aber weder gewillt noch im Stande war, diese Außenstände zu begleichen, wurde er im Jahr 2009 durch Harrah´s Entertainment verklagt. Dem folgte noch im gleichen Jahr eine Gegenklage Watanabe's, in welcher er den Verantwortlichen von Harrah´s schwere Versäumnisse bei der Wahrnehmung Ihrer Aufsichtspflicht unterstellte und seinerseits Schadensersatz einforderte. In seinen Schilderungen lastete er den Casino-Angestellten an, dass diese ihn wissentlich unter Alkohol- und Drogeneinfluss spielen ließen und sogar mit verschreibungspflichtigen, schmerzlindernden Medikamenten versorgten, nur um ihn am Spieltisch zu halten. Darüber hinaus soll sich das Casino nicht an die zuvor getroffene und bei "Casino Walen" durchaus übliche Vereinbarung gehalten haben, ihm 30% seiner größeren Verluste zu erlassen. Tatsächlich konnten Watanabe und sein Anwalt eine Reihe von glaubhaften Zeugen – darunter ehemalige Casinomitarbeiter – benennen, welche die Wahrheit dieser Aussagen bekräftigten.
Und auch wenn man die Vorwürfe bei Harrah´s vehement bestritt und darauf verwies, dass Watanabe aus Angst vor einer langen Haftstrafe nur von seinen eigenen Straftaten (u.a. Scheckbetrug) ablenken wolle, schien man an einem Prozess doch nicht so recht interessiert zu sein. So stimmte man schließlich im Juli 2010 einem außergerichtlichen Vergleich zu, über dessen Inhalt beiderseitiges Stillschweigen vereinbart wurde. Allgemein wird allerdings angenommen, dass Watanabe nur einen geringen Teil seiner Schulden zurückzahlen musste und sich die Casinos damit indirekt eine Teilschuld an der eigetretenen Situation eingestanden.
Terrance Watanabe wird dies nur wenig helfen. Denn auch wenn er mittlerweile dem Alkohol und den Spieltischen abgeschworen hat, so hat er diese wenigen Jahre Ruhm und Aufmerksamkeit doch sehr teuer mit dem Familienvermögen bezahlt und wird wohl vielen Menschen nur als größter Wal der Glücksspielgeschichte und abschreckendes Beispiel in Erinnerung bleiben.